Fr 29. Mai 2009, 01:45
Star Trek ist ein guter Film - wenn man ihn als SciFi- und nicht als Star Trek-Film sieht.
Denn er hat eigentlich fast nichts mehr mit Star Trek zu tun.
Ich bin das erste Mal vollkommen unvorbereitet an einen ST-Film herangegangen, hatte nicht die leiseste Ahnung, was in dem Film geschehen würde, worum es ging, wer dabei sein würde.
Die einzigen Dinge, von denen ich wußte, waren die Stammcharaktere und daß es sich um eine Story der noch sehr jungen Generation rund um Kirk handeln würde.
Vehement bin ich sämtlichen Kritiken und Spoilern über ein Jahr lang ausgewichen, weil ich wirklich ganz für mich allein herausfinden wollte, wie der Film wirken würde.
Er ist actionreich, hat Humor, hat interessante Charaktere und natürlich gute Special Effects.
Als Film für sich wirklich hervorragend und sehenswert.
Als Star Trek-Film ist er hingegen eine große Enttäuschung.
Das Bemühen, den Film einem überwiegend jungen Publikum oder einfach nur der breiten Masse schmackhaft zu machen, hat aus den Figuren des Star Trek-Universums moderne Teens gemacht, die sich verhalten, wie Protagonisten aus einer x-beliebigen Krimiserie, ein bißchen wie bei Supernatural, ein bißchen wie bei Beverly Hills 90210, gemixt mit einem Ansatz von Heroes (nicht wegen Zachary Quinto).
Zu der Irrfahrt Kirk-Juniors wird soetwas wie Metal-Musik gespielt und natürlich gibt es noch den Nokia Klingelton, Uhura spricht, wie gerade in unserer Zeit vom College graduiert, Kirk ist fast nur aggressiv, Spocks Mutter wirkt wie die schüchterne Hausfrau von nebenan.
Amanda hatte sowohl in der Classic-Serie als auch im Film Stil und Grazie, Ausstrahlung und Charme.
Hier war sie einfach nur da. Mehr nicht. Und das noch ziemlich kurz.
Die Romulaner sehen aus und verhalten sich ein bißchen wie eine Mischung aus Rammstein und Punks, reden, als wären sie gerade dabei, John McLane in Stirb Langsam 4 zu nerven.
Da erscheint der Romulaner auf dem Schirm und sagt "Hi Christopher, ich bin Nero".
Er hätte auch sagen können "Moin, wie isses?" oder "Yo, Bruder, was geht?" Wäre dann fast gar nicht aufgefallen.
Sie sehen außerdem so gar nicht romulanisch aus, also weder Classic-romulanisch noch TNG-romulanisch.
Und überhaupt: Die Romulaner waren selbst für Vulkan in der eigentlichen Story ein Mythos, der sich erst nach vielen Classic-Folgen irgendwann als Wahrheit herausstellte.
Hier aber wissen alle über die Romulaner Bescheid. Vielleicht habe ich es verpaßt, aber hat sich der romulanische Captain beim allerersten Treffen am Anfang des Films als Romulaner vorgestellt?
Nicht nur das, auch die Cardassianer kennen wohl alle schon. Wie kann das sein, da sie das allerste Mal in TNG auftauchen und niemand vorher von ihnen gehört hatte?
Ich habe während des Films noch auf das Auftauchen der Gründer oder des Dominions gewartet, oder am besten noch auf Q, der wahrscheinlich dann Pikes bester Freund gewesen wäre oder soetwas...Oder Uhuras Liebhaber...
Sarek. Er war immer einer meiner ST-Lieblingscharaktere, deshalb fand ich es sehr angenehm, daß auch er auftauchte.
Nur, hier sind Sarek und Spock offenbar die besten Kumpel, während sie in der Originalstory stark entzweit waren und erst viel später wieder zueinanderfanden.
In einer Szene bringt Spock mitten auf der Brücke Kirk fast um und alle stehen daneben und sagen nichts - und auch ausgerechnet Sarek guckt sich das Spektakel wortlos an, ohne einzugreifen, bis er irgendwann zaghaft "Stop" sagt?
Die Brücke der Enterprise gleicht ein bißchen einem Einrichtungsladen für Spiegel, Glasmöbel und Badezimmeramaturen, das Schiff der Romulaner wie ein von innen verwüstetes Ex-Schiff der Borg, in dem die Bloodhound Gang kurz vorher residiert hat.
Vulkan, ein ganzer Planet, DER Planet der Föderation, einer der wichtigsten Föderationsplaneten überhaupt, wird mal eben zerstört.
Macht ja nichts, man kann ja irgendwo wieder neu anfangen und eine Vulkanier-Kolonie gründen. Immerhin, Insider wissen das, packt es die Vulkanier alle 7 Jahre beim Pon Farr...
Gut, es wird erwähnt, daß 6 Millarden Bewohner mit dem Planten vernichtet wurden, es gibt ein kurzes Vater-Sohn-Gepräch zwischen Spock und Sarek und Spock dreht mal 'ne Runde am Rad und schüttelt Kirk mächtig am Kragen, bis der schon fast die goldene Harfe klampft.
Aber trotzdem kann Spock ihn locker ungefähr ein Stündchen später (oder so..) Jim nennen, obwohl Kirk, widerrechtlich auf der Enterprise, sich selbst kurzerhand zum Captain erklärt und natürlich niemand Einwände hat, obgleich der nächste ranghöhere Offizier, der rechtmäßig dem Schiff zugeteilt ist, diese Position beziehen würde.
Auch Scotty wird innerhalb von Minuten auf einmal Ingenieur - hatten sie dort keinen anderen oder wurde derjenige abgelöst?
Uhura ist mit Spock zusammen. Achso. Was soll man dazu sagen? Mir fällt nix Sinnvolles ein.
Mann, da hätten die aber ruhig mal vorher so eine Art Abschlußball einbringen können, wenn sie die beiden schon zum Paar machen.
Wer weiß, im nächsten Film sind vielleicht Chapel und Scotty ein Paar, oder Sulu und Uhura.
Man kann nie wissen.. inzwischen.
Gut gefallen hat mir der überraschende Auftritt Leonard Nimoys. Einer der ganz, ganz wenigen Momente, in denen ich das Gefühl hatte, tatsächlich einen Star Trek-Film zu sehen.
Ganz hervorragend hat mir auch Z. Quinto als Spock gefallen, trotz der seltsamen Wandlungen in der Storyline.
Nicht zu vergessen Scotty, der leider viel zu spät auftauchte und auch Pille war nicht schlecht.
Mit Chekov kann ich irgendwie überhaupt nichts anfangen, weil er absolut keine Ähnlichkeit mit Chekov in seiner Art hat.
Sulu hatte kaum Gelegenheit, hervorzustechen und Uhura war symphatisch, paßte hier als Charakter aber eher zu Emergency Room als zu Star Trek.
Schade, daß aus dem Charme von Star Trek ein gängiger SciFi-Brei gemacht wurde, der zwar Spaß macht, aber keinen Stil mehr hat. Star Trek hatte es bisher geschafft, Old School-Benehmen und klassische Ausdrucksweise mit moderner Technik und erweitertem geistigen Horizont, ethischer Entwicklung und moralischer Grundsätze auf der Basis spiritueller und geistiger Freiheit zu vermengen.
Es war immer fast so, als wären Figuren aus dem 18. Jahrhundert, mit überlegenem Intellekt und der Weisheit einer weit entwickelten Kultur, in eine wünschenswerte Zukunft gesetzt worden.
Hier, in dem neuen Film, haben es ein paar Teenager mit wenigen reiferen Personen geschafft, die Erde vor dem Untergang zu bewahren, durch Glück, Zufall, Hartnäckigkeit und Playstation-Geschicklichkeit.
Mehr nicht.
Und: Nichteinmal die Musik erinnert noch an Star Trek.
Sehr schade.